Siegelmarke Eutin Luebecker Eisenbahn GesellschaftDer Eisenbahnunfall der ELE in Lübeck am 29. Mai 1908

Erstellt am Sonntag, 08. Mai 2011
Geschrieben von Hans-Harald Kloth

Am 29. Mai 1908 entgleiste der Güterzug 6000 der Eutin-Lübecker Eisenbahn bei der Ausfahrt aus dem Personenbahnhof Lübeck. Hierzu schrieb die Eisenbahn-Zeitung zu Lübeck in ihrer Ausgabe vom 30. Mai 1908 folgendes:

"Ein Eisenbahnunglück ereignete sich heute morgen in der Nähe des neuen Personenbahnhofes. Der vor 8 Uhr ausfahrende Eutiner Güterzug, der mit zwei Lokomotiven bespannt war, entgleiste mit seiner Spitze in der Nähe des in der Catharinenstraße belegenen Stellwerkes (Anmerkung des Verfassers: Stellwerk Otm). Während die erste Lokomotive mit den vorderen Rädern auf dem richtigen Gleis stand, mit den übrigen aber entgleist war, hatte die zweite Maschine sich einen Weg seitlich gebahnt und tief in den Erdboden eingewühlt. Die Gleise waren vollständig auf die Seite geschoben, verbogen und gebrochen und die nächsten sieben Waggons, die hinter den Maschinen liefen, umgeworfen, ineinander und aufeinander geschoben und zum Teil vollständig zertrümmert. Ebenso wüst sah es am Ende des Zuges aus. Durch den gewaltigen Nachdruck waren auch hier zwei mit Stückgütern beladene Wagen vollständig zertrümmert worden und zwei andere standen fast quer über die Gleise. Der Lokführer der einen Maschine, er soll Erhardt heißen (Anmerkung des Verfassers: Gerhard), erlitt eine Verletzung des einen Fußes.

Weniger leicht aber immerhin ungefährlich soll der Zugführer Dräger davongekommen sein. Der Packwagen, in welchem sich der Zugführer befand, war umgestürzt und der Zugführer mußte durch ein Fenster aus dem Wagen geholt werden. Er soll eine Verletzung des Rückgrates erlitten haben. Der Materialschaden ist ein ganz bedeutender. Die Ursache des Unfalles ist noch nicht festgestellt. Die Weiche soll richtig gestanden haben und intakt gewesen sein.

Postkarte Unglueck 1908 800

Eine Postkarte zeigt das Unglück aus Sicht von Norden. Bemerkenswert die "Zuschauer"! [Slg. Ralf Böttcher]

Amtlich wird noch dazu gemeldet: Heute morgen 7 3/4 Uhr entgleiste der mit 2 Lokomotiven bespannte, 118 Achsen starke Lübecker - Eutiner Güterzug bei der Einfahrt in eine zwischen der Fackenburger Brücke und dem Stellwerk an der Werftstraße liegenden Weiche, indem die Lokomotiven statt in das links gelegene Eutiner Gleis, in das rechts gelegene Hafengleis einfuhren. Der Packwagen und eine Anzahl der folgenden Güterwagen wurde aus dem Gleis gerissen, und in der Mitte des Zuges mehrere Wagen durch den Stoß des nachfolgenden Zugteiles herausgedrängt. Es sind beträchtliche Wagenbeschädigungen entstanden, aber keine Verletzungen von Personen. Weder der Personenverkehr noch der Güterverkehr mit Eutin und Travemünde ist behindert. Die Ursache des Unfalls ist noch nicht aufgeklärt. Nach der übereinstimmenden Aussage aller Augenzeugen haben das Signal und die Weichen richtig gestanden, und die Weiche ist verriegelt gewesen, so daß sie auch nicht etwa unter dem fahrenden Zuge umgestellt werden konnte"

In dem Geschäftsbericht der Direktion der Eutin-Lübecker Eisenbahngesellschaft für das Jahr 1908 steht folgender Absatz: "Am 29. Mai 1908 fand eine Entgleisung des Güterzuges 6000 bei der Ausfahrt auf dem Personenbahnhof Lübeck statt. Beide Zuglokomotiven sowie 11 Güterwagen entgleisten und wurden mehr oder minder stark beschädigt; von den Güterwagen einige gänzlich zertrümmert. Auch bei diesem Unfall ist eine Verletzung des Personal nicht vorgekommen. Die Ursache dieser Entgleisung hat durch die eingeleitete Untersuchung nicht ermittelt werden können."

Ort heute 800

Die Unglücksstelle heute von einem Aufnahmestandpunkt, der in etwa dem der Postkarte enspricht [Foto: M. Leiß]